Attack of the Weekly Links: Eine Nachtfahrt, Kindergedichte, Comedy und Bigfoot

Julienne De Muirier: Nachtfahrt | Ich hab kürzlich im Münchener Theater im Marstall das Stück blues in schwarz weiss gesehen. Unglaublich stark. Autorin Julienne De Muirier hat es mitentwickelt, und ich empfehle ihre Kurzgeschichte Nachtfahrt, mit der sie 2022 für den Wortmeldungen-Förderpreis nominiert war, zur Lektüre.
Überhaupt findet man auf der Wortmeldungen-Website viele gute Texte (am besten über die Shortlist-Navigation).

Revisiting Shel Silverstein’s Poetry as an Adult | Der Gedichtekritiker von Roughest Drafts über die Gedichte (und Illustrationen) von Shel Silverstein. Diese wenden sich in erster Linie an Kinder, haben aber teils recht erwachsene Themen und anarchische Tendenzen und sind deshalb immer wieder mal Gegenstand von Verbotskampagnen.

The Trouble Begins with Katie Mears on Mark Twain & Stand Up Comedy
| Interview des Mark-Twain-Museums mit Comedy-Spezialistin Katie Mears über Mark Twain und die Geschichte der Stand-up-Comedy. Insbesondere gehts darum, dass Twains Vortragsreihen eine Art Vorform der späteren Stand-up-Comedy war. Leider weigerte sich der Schriftsteller damals, diese Vorträge aufzuzeichnen, aber der Schauspieler Hal Holbrook hat mit Mark Twain Tonight! eine Art Rekonstruktion versucht (die Einmannshow hat er bereits in den 50ern entwickelt, als die moderne Stand-up-Comedy noch immer in den Teenagerschuhen steckte).

Eddie Pepitone | For The Masses | Apropos Stand-up-Comedy: Hier ein Special von Eddie Pepitone. Der New Yorker Comedian ist schon eine Weile aktiv, entdeckt hab ich ihn erst jetzt. Sehr düster, sehr witzig.

The Native Bigfoot | Youtuber Trey the Explainer befasst sich in seinem neusten Video mit der Kryptozoologie, der Lehre von legendären Tieren wie Nessie und Bigfoot. Es geht dann auch spezifisch um Bigfoot und darum, wie das Viech in den Geschichten der amerikanischen Ureinwohnern vorkommt. Oder eben nicht. Wie sich zeigt, ist die Bigfoot-Forschung durchsetzt von methodologischer Fahrlässigkeit. Und von Rassismus. Dabei sind die Kreaturen aus der Mythologie der First Nations wahnsinnig spannend, wenn man sich nicht bloss mit ihnen befasst, um sie in die Bigfoot-Schublade zu quetschen.

Der Selfiestick als Symbol unserer Epoche

Buchrezension | Im Essayband Die Welt im Selfie beschreibt der Journalist Marco d’Eramo (73) unsere Gegenwart als touristisches Zeitalter. Welche Rolle spielen Selfies in diesem? Und wieso macht sich ein Reisender etwas vor, wenn er sich vom Pauschaltourist distanziert?

Als ich mit der Allerliebsten das erste Mal in London war, besuchten wir unter anderem den Tower. In den Innereien der Anlage, im zweiten Stock des sogenannten White Tower, befindet sich die St John’s Chapel. Der Platz ist beschränkt, die Anzahl an Touristen hoch. Eine Tafel weist darauf hin, dass es verboten ist, Bilder zu schiessen. Trotzdem fuchtelte ein Mann aus einer italienischen Reisegruppe mit seinem Selfiestick herum – auf der Suche nach dem perfekten Winkel – und hätte damit beinahe den Kopf der Allerliebsten erwischt. Sie wurde wütend, packte den Selfiestick und wies den Besitzer in deutlichen Worten auf das Fotografieverbot hin. Den Stick durfte er aber behalten.

Dieser Mann ist für uns ein abschreckendes Beispiel geblieben: Teil einer Reisegruppe, laut und rücksichtslos, fotografiert wie bescheuert, statt sich auf den Moment einzulassen. Vor allem aber: Selfiestick. Brrrr. So wollen wir keinesfalls sein.

 

Reisende vs. Touristen

„Touristen sind immer die anderen“, so steht es auf dem Buchrücken von Marco d’Eramos Die Welt im Selfie. Das bringt eine weitverbreitete Praxis auf den Punkt: Dass man sich selbst als Reisenden sieht und sich als solcher von den Touristen distanziert. Elite gegen Pöbel.

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