
Dieses Halloween werfen wir den Blick mal gen Osten, nämlich nach Hongkong. Wo wir es mit dem traditionellen chinesischen Hüpfvampir zu tun bekommen.
Der Fachbegriff lautet Jiangshi, zu Deutsch ungefähr: starrer Leichnam. Gemeint sind weitgehend hirntote Untote, die als Wiedergänger die Lebenden behelligen und sich von ihrer Energie (dem Qi) ernähren. Weil sie halt Leichname sind – Todesstarre, Verwesung und so –, sind sie in ihrer Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt. Weswegen sie sich hüpfend und (zur Balance) mit ausgestreckten Armen fortbewegen.

Weitere typische Merkmale sind lange weisse Haare, lange scharfe Fingernägel sowie die traditionelle Grabkleidung, die an alte Beamtenuniformen erinnert.
Vampire, die hüpfen – ist das überhaupt gruselig? Auf die Frage kommen wir noch zurück.
Jiangshi im heutigen Sinne wurden während der Qing-Dynastie (1616–1912) erfunden, auch wenn die chinesischen Totenkulte, aus denen sich die Untotenlegenden entwickelt haben, ein paar Jahrhunderte weiter zurückreichen.
Hüpfvampire im Kino
Ihren cinematischen Durchbruch hatten die Jiangshi relativ spät, nämlich mit unserem heutigen Film, Mr. Vampire (im Original Geung si sin sang, also eigentlich Mr. Jiangshi). Der war 1985 äusserst erfolgreich, erhielt vier Sequels und diverse Spin-offs und hat eine ganze Lawine von Jiangshi-Werken losgetreten. (Ein guter Teil davon ist unter Ricky Laus Rigide entstanden.) Anscheinend war das Zeug besonders in Japan populär.
Hinter dem Erfolg stecken Regisseur Ricky Lau und Produzent Sammo Hung. Letzterer war ein Schwergewicht des Hongkong-Kino-Booms der 70er und 80er, war unterwegs als Kampfchoreograf, Schauspieler, Regisseur und eben Produzent, ein Kumpel von Jackie Chan seit ihrer gemeinsamen Zeit in der China Drama Academy. Hungs Gimmick als Schauspieler: Er war athletisch, aber fett. Einer seiner erfolgreichsten Filme: Enter the Fat Dragon (1978). (Wie gesagt: ein Schwergewicht des Hongkong-Kinos.)
Sammo Hung war bedeutend für die Entwicklung der Kung-Fu-Komödie und insbesondere für die der Kung-Fu-Horror-Komödie. Von ihm stammt einer der ersten derartigen Streifen, Encounters of the Spooky Kind (1980), wo er neben der Regie auch die Hauptrolle innehatte – bereits hier stösst sein Held auf einen Jiangshi.
Will sagen, Mr. Vampire war nicht der erste Jiangshi-Film (das war wohl Midnight Vampire von 1936), aber der bahnbrechendste für sein Genre.
Soweit alles klar? Schauen wir mal, wie das im Konkreten ausschaut.
Kapriolen in der Leichenhalle
Wir befinden uns in einer Kleinstadt in China. Da die später gezeigten Polizisten den Stern der Beiyang-Armee tragen, muss es die späte Qing-Dynastie oder die frühe Republik China sein.
Also, jedenfalls sind wir in einer chinesischen Kleinstadt, und zwar in der örtlichen Leichenhalle. Was grundsätzlich mal ein guter Ort ist, um einen Horrorfilm zu beginnen. Nacht ist es auch noch, und draussen heulen Wölfe.
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