Fantastic Beasts and Where to Eat Them

Die Rotzgören aus den Harry-Potter-Filmen stolpern ja allenthalben über irgendwelche magische Viecher. Über Fluffy zum Beispiel, den dreiköpfigen Monsterhund, der den Stein der Waisen bewacht. Oder das Drachenweibchen Norberta, das der Halbriese Hagrid einmal heimlich aufzieht.
Wer mehr über das ganze Kroppzeug erfahren will, für den gibt es das entsprechende Standardwerk: Fantastic Beasts and Where to Find Them. Geschrieben von einem gewissen Newt Scamander. Gehört zur Pflichtlektüre der Hogwarts-Schüler. Das erfundene Schulbuch kann man sich auch in echt kaufen, J.K. Rowling hat es kurzerhand in die Tasten gehauen (in Scamanders Namen). Daraus hat die Autorin wiederum ein Drehbuch verfertigt, als Vorlage für den Regisseur David Yates (seit The Order of the Phoenix zeichnet dieser für alle Potter-Kinowerke verantwortlich).

Am Ende haben wir uns das also im Kino angesehen. Aber vorher gings ins Restaurant — sinnigerweise in eines, wo man exotische Tiere essen kann. Genauer gesagt, in die Outback Lodge am Stadelhofen. Nicht gerade die Kronenhalle, aber tun wir mal nicht so versnobt. Das australische Themenrestaurant passt auch deswegen, weil im Film unter anderem mehrfach ein Niffler auftaucht, ein diebischer kleiner Geselle, der stark an ein Schnabeltier erinnert. Nicht, dass man Schnabeltier essen könnte im Outback, dafür haben wir aber Emu, Känguru und Krokodil probiert.
Während Krokodil gar nicht so viel anders schmeckt als ein Poulet (vielleicht etwas fester in der Konsistenz), hat das Känguru eine ganz eigene, ziemlich herbe Note — egal, ob als Wurst oder am Stück. Fast wie Wildschwein. Ich mochte es sehr, die Begleitung weniger. Ist eine Geschmacksfrage.
Auf einhellige Begeisterung stiess hingegen der Emu. Ähnlich wie der Strauss hat der grosse Vogel, so frisch vom Grill, ein bisschen was von Rindfleisch, ist aber viel zarter.

Nun also der Film. In der Vergangenheit habe ich mir gezwungenermassen alle Teile der Potter-Reihe angesehen (aus beruflichen und sonstigen Gründen), konnte jedoch nie etwas damit anfangen. Das gilt auch, um es vorweg zu nehmen, für dieses neuste Zauberabenteuer. Immerhin: Fantastic Beasts and Where to Find Them profitiert merklich davon, dass die Geschichte direkt für die Leinwand geschrieben wurde, statt dass ein viel zu dicker Roman auf Filmlänge zerhackt werden musste. (Scamanders Buch kommt ja als Lexikon daher und erzählt nicht wirklich eine Story, diese musste für den Film erst einmal fabriziert werden.) Insofern hat mir noch kein Film aus der Wizarding World of Harry Potter besser gefallen.

Aber ach, es ist jedes Mal wieder ein Krampf mit Rowlings Tendenz zu Klischee und Holzhammer-Humor. Da kommt also Newt Scamander (Eddie Redmayne) im Jahre 1926 in New York an. Der Erforscher magischer Wesen will dort einen Züchter um ein bestimmtes Viech anhauen. Unser Held hat einen magischen Koffer bei sich, eine Art tragbaren Zoo, in der er die magischen Wesen versammelt, die er fängt. Weil ihm eines der Viecher (der erwähnte Niffler) entkommt, landet er auf der Suche nach demselben in einer Bank — und gerät dort an einen dicklichen Herren (Dan Fogler), der besagte Bank um ein Darlehen bitten möchte. Der dickliche Herr, Kowalski heisst er, hat einen Koffer, der ganz ähnlich ausschaut wie der von Scamander. Und wer nicht kommen sieht, worauf das hinausläuft, hat noch nie einen Film gesehen.

Scamander verliert dann noch mehr Tierwesen, die es wieder einzufangen gilt.* Hierzu rauft sich der Zauberer wider Willen mit Kowalski, dem Muggel (bzw. No-Maj, wie man Nicht-Magier in Amerika nennt), zusammen. So versuchen die beiden unter anderem, ein Erumpent-Weibchen einzufangen. Das Ding sieht aus wie ein riesiges Nashorn mit einer noch riesigeren Geschwulst auf dem Kopf. Und es ist läufig. Also benutzt Scamander ein Pheromon, um es anzulocken. Nachdem er einen Tropfen der Flüssigkeit benutzt hat, drückt er das Fläschchen Kowalski in die Hand. Der sich prompt, man ahnt es, mit dem Pheromon bekleckert und deswegen vor dem liebestrunkenen Erumpent die Flucht ergreifen muss. (Drohende tödliche Vergewaltigung durch ein Quasi-Nashorn = Humor)

* Die meisten dieser Viecher scheinen eine den Menschen, bzw. Magier vergleichbare Intelligenz zu haben, werden von Scamander aber dennoch gegen ihren Willen eingesperrt, ohne dass das jemals problematisiert würde. Aber im Potterversum ist es ja auch Usus, Elfen zu versklaven. Einer der Gründe, warum mir diese Zauberwelt noch nie sympathisch war.

Einmal erzählt Kowalski dem Zauberer, was er in der Bank eigentlich wollte: Siehe, der Muggel arbeitet in einer Konservenfabrik.
Kowalski: „Mögen Sie Essen aus der Dose?“
Scamander: „Nein.“
Kowalski: „Ich auch nicht.“
Darum wollte Kowalski die Bank um ein Darlehen bitten, um nämlich eine Bäckerei zu eröffnen, wo er hausgemachte und darum schmackhafte Backwaren verkaufen will.
Es braucht natürlich nicht viel, um das mit den Konserven und dem Gebäck auf den Film rückzubeziehen, also eine Analogie zu Dutzendware und Kunstwerken aufzutun. Am Ende eröffnet Kowalski ja tatsächlich seine Bäckerei und stellt dort kleine essbare Figuren her, die aussehen wie Scamanders Tierwesen. „Woher nehmen Sie bloss die Einfälle?“, fragt eine Kundin begeistert. Ich vermute, J.K. Rowling sieht sich selbst in Kowalski.

Blöd halt, dass Fantastic Beasts and Where to Find Them eben nicht die selbstgemachte Backware, sondern der geschmacklose Dosenfrass ist. Industriell hergestellte, gehaltlose Pampe, gerade mal zur schnellen Konsumation geeignet. Hier wurde nichts aus frischen Zutaten zubereitet und liebevoll auf dem Teller drapiert, sondern alles aus Instantpulver und Konzentrat angerührt, mit Salz und Konservierungsmitteln versehen und anschliessend in eine Dose gespritzt.

Witze, Handlung, Action, CGI-Effekte — abgestanden und schal, das alles. Dosenravioli fürs Hirn. Dann lieber die Känguru-Wurst.

 

Fantastic Beasts and Where to Find Them
Grossbritannien, USA 2016, 133 Min.
Regie: David Yates
Drehbuch: J.K. Rowling
Mit Eddie Redmayne, Dan Fogler, Katherine Waterston, Alison Sudol, Colin Farrellet al.

Siehe auch Sailes Meinung zum Film
Ebenfalls empfehlenswert ist die Kritik von Kollege Dirk beim Buddelfisch.

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