B-Film Basterds 2024: Die kleine Nachlese

Godzilla, Superhelden und die seltsame Welt der Heteros: Vergangene Woche fand das B-Film Basterds statt, ein Festival für schlechte Filme und Anverwandtes. Ich hab gewarnt drauf hingewiesen. Wie schon die vergangenen paar Jahre, hab ich das Plakat entworfen.

Fünf Tage Programm standen auf dem Plan, wobei ich bloss von Donnerstag bis Samstag dabei war. Aber das war schon hart genug.

Egal. Ich werd jetzt nicht jedes Detail durchgehen, aber im Folgenden gibts ein paar ungeordnete Impressionen und Gedanken. Also los.


Keine Ahnung, seit wann schon, aber inzwischen gibts einen Flixbus, der direkt von Zürich nach Nürnberg führt. Praktisch. Früher musste ich immer in München umsteigen.

Ich bin nicht der grösste Fan von Flixbus, aber tendenziell ist er zuverlässiger als die Deutsche Bahn und günstiger sowieso. Der Hinweg klappte einwandfrei, der Rückweg gestaltete sich schwieriger, denn halb Süddeutschland stand unter Wasser. Was diverse Umwege nötig machte.

Aber immerhin: Am Ende kamen wir nur eine Stunde später in Zürich an als angekündigt. Liegt noch im Rahmen. Obzwar mir am Ende der Hintern schmerzte. Zweimal Flixbus und drei Tage Kinosessel, das strapaziert das Sitzfleisch aufs Äusserste.

Nerviger war, dass die USB-Steckdosen im Bus nicht funktionierten. Zum Glück hab ichs früh genug erkannt, um mir einen der wenigen Sitze mit einer herkömmlichen Steckdose zu schnappen. Die ging dann tatsächlich.


Ich blick bis heute nicht so ganz durch, wie das Nürnberger Künstlerhaus organisiert ist, aber mittendrin liegt das Kommkino. Es wird ehrenamtlich von einem Verein geführt, der eine Schwäche für Trash und Indie-Produktionen hat. Gute Leute.

Weil die Wetterlage kühl und verschifft war, hatte ich ja Hoffnungen, dass der Saal nicht so feuchtwarm und schweissig ist wie sonst. Vergeblich. Das Kommkino bleibt eine Körperhöhle. Genau richtig für das Basterds.


Mein Highlight des Festivals: Captain Cosmotic, ein Superhelden-Amateurfilm von 1998. Ich müsste das Ding damals gesehen haben, als es ein paar Jahre später auf Viva lief.

Jedenfalls handelt es sich dabei um einen Amateurfilm mit der Betonung auf «Amateur». Aber das Ding ist auch endlos sympathisch, liebevoll gemacht und kreativ. Ein grosser Spass, nach wie vor.

Regisseur Thilo Gosejohann war persönlich anwesend, hat von anno dazumal erzählt, brachte für sämtliche Kinogäste eine kleines Original-Souvenir aus dem Film mit und hat selbige geduldig signiert. Weswegen sich die Folgevorstellung um einiges nach hinten verschoben hat. Grosses Lob an die Kommkino-Leute, die es mit Fassung getragen haben.

Captain Cosmotic hat dann auch spielend den Golden Ninja Warrior Award gewonnen, den grossen, vom Publikum bestimmten Preis des Festivals. Und das, nachdem Thilo Gosejohann vergangenes Jahr schon die gleiche Auszeichnung für Operation Dance Sensation (2003) erhalten hatte.


Zweites Highlight: Regisseur Markus Iffländer hat persönlich Blood After Midnight (2022) vorgestellt. Im Grunde ist das eine Sammlung von Kurzfilmen, an denen er über die Jahre hinweg gearbeitet hat, zusammengehalten von einer Ansagerin – einer Vampirfrau (Katharina Martin), die nach der Art von Elvira, Mistress of the Dark, kleine Ein- und Ausleitungen gibt, während sie in einem Sarg hockt.

Besonders schön sind ein Intro zur fiktiven japanischen Monsterserie Intergalactic Detective Dr. Monkula, gedreht in Tokio, sowie Der Angriff der Killertelefonbücher, dessen Filmsprache ziemlich gekonnt bei Sam Raimis The Evil Dead (1981) und ähnlichem Zeug abgeschaut ist.

Iffländer gehört übrigens mit zum Horror-Comicmagazin Feral.


Drittes Highlight: Filmwissenschaftler Christian Kessler hat sein neustes Buch vorgestellt: Bleigewitter über Cinecittà: Gangster und Polizisten im italienischen Kino von 1960–1984.

Ein unterhaltsamer Vortrag mit vielen Filmclips, der einem den Poliziottesco, also den italienischen Polizeifilm nahebrachte. Mit Der Berserker (aka Mary Lou und der Todeshändler) (1974) und Gewalt rast durch die Stadt (1975) liefen dann auch zwei bemerkenswerte Genrevertreter am Festival.

Kessler winkte jeweils mit einem Plüschhasen mit Riesenpenis, um dem Vorführer zu signalisieren, dass er die Clips spielen solle. Und Kessler hatte mit einem Wecker zu kämpfen. Den benötigte er, um die Zeit im Griff zu behalten, hatte aber aus Versehen den Alarm aktiviert, der dann alle zehn Minuten losging. Zum Glück hat er irgendwann den Aus-Knopf gefunden.


Viertes Highlight: Die Bettwurst (1971). Grandioser Camp, der an John Waters und Helge Schneider erinnert (wobei Schneider sich wohl eher von der Bettwurst inspirieren liess als umgekehrt).

Regisseur Rosa von Praunheim macht sich gnadenlos über Heteros lustig: Luzi Kryn und Dietmar Kracht spielen Luzi und Dietmar, die sich am Kieler Hafen zufällig kennen lernen und sich liebgewinnen. Aber Dietmar hat sich früher «mit leichten Mädchen und schweren Jungs» abgegeben, die dann schliesslich Luzi entführen. Es folgt ein actiongeladener Showdown auf einem Bade-Pier.

Die Bettwurst spielt mit den Klischees des Melodramas, und Kostüme wie Inneneinrichtung sind der Hammer. Die Billigkeit der Machart steigert bloss den Charme.


Ansonsten waren ein paar ganz witzige Sachen mit dabei. King Kong – Dämonen aus dem All (1973) hat weder King Kong noch Dämonen aus dem All, aber es ist ein Godzilla-Film. Godzilla geht immer.


Gentlemen Broncos (2009), eine Komödie des Napoleon Dynamite-Regisseurs, ist fast schon etwas sehr Mainstream, aber die Hommage an Science-Fiction-Pulp-Literatur passt thematisch zum Festival. Schade höchstens, dass er auf Deutsch lief (immer diese Deutschen und ihr Hang zur Synchronfassungen).


Eher mühsam anzuschauen war Beast of Yucca Flats (1961), mit Tor Johnson in der Rolle des Biests. Der Film ist nur 54 Minuten lang, aber die ziehen sich ganz schön. Die Art von Film, mit der sich echte Trashfans ihre Street Cred erkämpfen.


Apropos mühsam: Malabimba (1979) ist ein Exorcist-Abklatsch um eine Aristokratenfamilie, die auf einem abgelegenen Schloss rumsitzt, bis dann ein sexbesessener böser Geist in die Teenagertochter fährt. Ein extremst langweiliger Porno mit Inzest-Anleihen. Unter anderem bläst das besessene Mädchen ihren komatösen Onkel zu Tode. Auweia.


Als zwischendurch mal fünf Minuten Sommerwetter war, gingen ein paar von uns Festivalbesuchern ans Fränkische Bierfest, das parallel zum Festival stattfand. X verschiedene regionale Brauereien verkaufen ihr Produkt im Nürnberger Burggraben, daneben gibts eine angemessene Anzahl an Essensständen.

Das Bord Øl von Raupachs Brauerei – gebraut nach einem alten dänischen Rezept – hat mir geschmeckt, fast noch mehr aber das Grutbier von der Braumanufaktur Hertl. Es handelt sich um ein Würzbier, das mit verschiedenen Kräutern gebraut wird, unter anderem mit Wacholder und Koriander. Der Geschmack erinnert dann auch an Gin.


Zu guter Letzt: Markus Haage von Neon Zombie hat einen kleinen Video-Bericht über das Festival gedreht. Gibt einem ein Gefühl für die Festivalstimmung.
//Edit: Inzwischen gibts auch diese Rückschau vom «Deadline»–Magazin.


B-Film Basterds 2024
Mi 29.5.–So 2.6., Nürnberg

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