nach der pressevorführung machte ein kollege seinem ärger luft, so dass es der ganze saal mitbekam. „das war ein völliger schuss in den ofen!“, schimpfte er. und fügte hinzu: „neunzig minuten hätten auch gereicht!“
es braucht viel, um einen schweizer filmkritiker derart zu empören.
the hateful eight ist ein dialogfilm, der sich über zwei und dreiviertel stunden erstreckt. (es gibt auch eine 70-mm-version von 187 minuten, die allerdings nur mit speziellen projektoren gezeigt werden kann – in der schweiz gibt es meines wissens keine solchen mehr.)
strukturell gleicht der plot einem klassischen whodunit à la agatha christie: der kopfgeldjäger john ruth (kurt russell) hat eine kutsche gebucht, um eine gefangene nach red rock zu verfrachten. dort will er daisy domergue (jennifer jason leigh) dem sheriff übergeben – und er freut sich schon darauf, sie hängen zu sehen. dieser vorfreude gibt er ausdruck, indem er daisy regelmässig schläge verpasst (gerne ins gesicht). sympathisch.
unterwegs stösst die kutsche auf einen weiteren kopfgeldjäger (samuel l. Jackson) sowie einen typen (walton goggins), der behauptet, der neue sheriff von red rock zu sein. angesichts eines tödlichen blizzards, der ihnen im nacken hängt, nimmt ruth die beiden gezwungenermassen mit.
wegen desselben blizzard suchen unsere reisenden schliesslich unterschlupf in minnie’s haberdashery, einem gemischtwarenladen schrägstrich herberge, in der schon eine handvoll weiterer gäste sitzt. seltsamerweise sind minnie und ihr mann fort, während ein zwielichtiger mexikaner (demián bichir) auf den laden aufpasst.
ruth ist sich sicher, dass sich zumindest einer der anwesenden in der haberdashery eingefunden hat, um daisy zu befreien. das wird er selbstverständlich mit waffengewalt verhindern.
seinen reiz zieht the hateful eight daraus, dass die mitglieder des überschaubaren figurenensembles alle ihre geheimnisse haben und dass diese geheimnisse allmählich freigelegt werden – dies mittels ausführlicher deduktiver gespräche, die alle auf beschränktem raum stattfinden. und irgendwann geschieht dann der erste mord (der überaus grafisch ist, immerhin haben wir es mit tarantino zu tun).
hier wird also stundenlang bloss gequatscht, bis endlich das blut spritzt, aber tarantino beherrscht dialoge gut genug, dass das durchgehend spannend bleibt, und er holt als filmer auch aus dem beschränkten spielort so viel heraus, dass der film nie langweilig anzusehen ist.
offensichtlich gehts da nicht allen so wie mir (siehe eingang) und mitunter ist tarantinos selbstverliebtheit selbst für mich schwer zu ertragen – schon wenn es im vorspann grosskotzig „quentin tarantino’s 8th movie“ heisst, möchte man ihm am liebsten eine ohrfeige verpassen (und die sache mit der 70-mm-version ist wahrlich eines augenrollens würdig). insgesamt ist der film aber relativ frei von den trademark-sperenzchen des herren regisseurs und auch die obligatorischen anspielungen auf die filmgeschichte (in erster linie der western, überraschenderweise) nehmen sich geradezu zurückhaltend aus.
egal, wie viel oder wie wenig man mit tarantino anfangen kann – immerhin gibt es noch einen regisseur mit mainstream appeal, der sich solche filme erlauben kann. da verzeiht man ihm auch, wenn er macht, was er macht, ganz einfach weil ers kann.
habe ich übrigens schon erwähnt, dass ennio fucking morricone für diesen film neue musik komponiert hat?
the hateful eight läuft ab dem 28. januar im kino.
USA 2015, 167 Min. (digital)
Regie & Drehbuch: Quentin Tarantino
Mit Samuel L. Jackson, Kurt Russell, Jennifer Jason Leigh, Walton Goggins, Tim Roth, Michael Madsen et al.