Mit der Pistole am Set

Angeregt von der Sam-Peckinpah-Retrospektive am vergangenen Filmfestival Locarno, zeigt das Filmpodium das Kinoschaffen des Regisseurs. Darunter auch die Special Edition von Pat Garrett & Billy the Kid — ein Abgesang auf das Western-Genre, entstanden aus einer desaströsen Produktionsgeschichte heraus.

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Im Jahre 1973: Sam Peckinpah und James Aubrey sind schlecht aufeinander zu sprechen.
Aubrey sitzt im Chefsessel der Prduktionsfirma MGM. Um ein Hotelprojekt in Las Vegas finanzieren zu können, beschneidet er unter anderem das Budget für Pat Garrett & Billy the Kid. Er gibt einen viel zu engen Zeitplan vor und mischt sich in die Einzelheiten des künstlerischen Prozesses ein (unter anderem, weil er den Film zu schwierig für das Publikum findet).
Peckinpah, der Regisseur, am Set meist sturzbesoffen, bedroht dafür Aubreys Mittelsmänner mit Messer und Pistole. Als er erkennt, dass das Material der ersten Drehwoche nicht zu brauchen ist, klettert er auf einen Stuhl und uriniert auf den Bildschirm. Der Studioboss untersagt Nachdrehs; Peckinpah filmt sie einfach heimlich.
Nachdem Peckinpah Budget und Deadline gnadenlos überschritten hat, nimmt ihm Aubrey den Film weg und lässt ihn auf eine Fassung von 106 Minuten runterschneiden, die sowohl an den Kinokassen als auch bei den Kritikern durchfällt. Immerhin schaffen es Peckinpahs Leute, eine unfertige Previewfassung aus dem Schneideraum zu stehlen, die 122 Minuten läuft.

Die vorherrschende Sicht auf den Fall besteht darin, dass Aubrey Peckinpahs künstlerische Vision kastriert hat. Aber bevor man zuviel Mitleid mit dem Regisseur hat: Drehbuchautor Rudy Wurlitzer ist auch nicht besonders glücklich gewesen mit dem, was Peckinpah aus seinem Skript machte. Ursprünglich hätte Wurlitzers guter Freund Monte Hellman Regie führen sollen; es war Hauptdarsteller James Coburn, der sich für Peckinpah einsetzte. Der wiederum tat im Alkoholrausch alles in seiner Macht, um Aubrey auf den Schlips zu treten.

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