Buchstabierung 9: YouTube und Club Mate

buchstabierung09_04Von Gian Fermat (Text) und
Gregor Schenker (Bild)

Gerne verlasse ich meine Schreibstübchen, um einen kleinen inspirierenden Ausflug an die Buchstabierung zu unternehmen. Diese feine und erfrischende Lesereihe in der Bühne S, welche von Meret Bachmann schon seit Jahren organisiert wird, ist ein fester Bestandteil meines Literaturkalenders geworden. Und so ging ich auch an die Buchstabierung Nummer 9. Begrüsst wurde ich von den zarten Texten von Meret Bachmann. Sie trug Kindheitserinnerungen mit abwechselnden lustigen und ernsten Passagen vor. Die Welt, durch Kinderaugen erblickt, hat einen ganz besonderen Reiz. Es wird Alltägliches einem fremd und Fremdes allzu schnell vertraut. So lauschte ich vergnüglich diesen Erfahrungen und war dabei so manches mal an meine eigene Kindheit erinnert.

Wie schön und auch allzu schnell fanden diese Texte doch ihr Ende, und sie liessen mich zurück, mit der Gewissheit, dass von Meret Bachmann wohl noch viel zu hören sein würde. Vielleicht findet sich vereinzelt noch eine grüne Stelle, doch nach einiger Reifung an der Dichtersonne, wird diese Frucht zur vollen Reife kommen.

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Das Brötchen der Apokalypse: Delirium Party #5

Gestern feierte das Literaturmagazin „Delirium“ das Erscheinen der jüngsten Ausgabe — mit einer Party in der Alten Kaserne. Ein Abend mit Skandalen und Brötchen.

Gleich zu Beginn der grosse Eklat: Der gelegentliche „Delirium“-Autor A.F. wird am Eingang zur Alten Kaserne abgewiesen, weil die Türsteher bei der Leibesvisitation ein Bier in seinem Rucksack finden. Zeugenaussagen zufolge löst er sich in eine schwarze Rauchwolke auf und legt einen Fluch über die Kaserne. Später am Telefon danach gefragt, meint er: „Literatur mit Türsteher? Nein danke, das geht gar nicht! Godzillas Penis soll sie alle erschlagen!“

Auf der Bühne wird derweil der Bachmann-Brötchen-Preis verliehen: Drei AutorInnen lesen vor, drei KritikerInnen zeichnen aus. Modérateur extraordinaire Andreas Hauri empfängt das Publikum mit der Wärme einer französischen grand-mère und stellt die hochkarätige Jury vor. Wolfgang Müller-Lüdenscheidt, Florian Kemphausner und Bàlint Wagner: Drei Schwergewichte aus den knittrigen Blättern des Feuilletons, die selbst der ungarischen Toilettenfrau aus der Kronenhalle ein Begriff sind.

Noch schwerer gewichtig ist allenfalls der erste Kandidat: Gian Fermat, der zweieinhalbfache Nobelpreisträger und Hochleistungshäcksler im Tannanhain der eidgenössischen Literatur. Dass er zudem ein unübertrefflicher Pornokrat ist, beweist er mit der hocherotischen Fabel einer Autorin, die einen männlichen Verehrer ihrer Werke bei sich empfängt. Ausladende Frauenleiber, von Barocker Künstlerhand gemalt, werden auf die Wände projiziert, doch es ist Fermats 80er-Jahre-Trainerjacke, die unsere Augen blendet. Der Text geht jedenfalls ans Herz und andere Teile der Anatomie, so dass man Kemphausners Begeisterung bis ins Innerste teilen und dem Zweifler Wagner eins in die Fresse hauen möchte.

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