Am Haupteingang des Theater Spektakels kann man seine Liebesgeschichte spenden. Man setzt sich zur Künstlerin an einen Tisch und sie stellt einem fünfzehn Fragen nach einem Katalog — dieser ist nach dem Vorbild von offiziellen Fragebögen gestaltet, wie sie viele EU-Länder an Nicht-EU-BürgerInnen stellt, die eine/n EU-BürgerIn heiraten möchten. Zum Beispiel: „What are your lover’s brothers and sister’s names? And yours?“ Oder: „Do you use birth control? What kind?“
Sinnfälligerweise steht der Spendentisch auch Paaren offen. Ich ging mit der Allerliebsten hin. Erst wurde sie zehn Minuten befragt (inzwischen holte ich mir ein Bier), dann war ich dran. Anschliessend erhielten wir ein Zertifikat und einen Ausdruck unserer Fragebögen; es war ein grosser Spass, unsere Antworten zu vergleichen. Eine Version der — anonymisierten — Kataloge ging ins Archiv des LSDD über.
Umgekehrt kann man nun zum LSDD gehen und nach einer Liebesgeschichte fragen. Das ist für jene gedacht, die zum Beispiel Liebeskummer haben, für Schriftsteller, die eine Inspiration brauchen, oder eben auch für Asylsuchende, die glaubwürdige Antworten für einen der erwähnten EU-Fragebögen benötigen. Das Projekt hat also durchaus eine politische Komponente, hinterfragt die Idee von behördlicher Kontrolle der Liebe, fördert zivilen Ungehorsam. Ob das in der Praxis tatsächlich so funktioniert, ist natürlich fraglich, aber immerhin stellt man sich ein paar Fragen. Wie würde man sich beispielsweise fühlen, wenn die eigene Beziehung bis hinein in die Intimitäten zum Untersuchungsgegenstand irgendwelcher Beamten würde?
Von Clara García Fraile in Zusammenarbeit mit Annefleur Schep
Spanien
Premiere: DAS Theatre Amsterdam, 2017
Eingang Landiwiese